Pressestimmen

Cornelius Staudt

Der Künstler Cornelius Staudt betritt Neu­land und freut sich, wie und wohin sich seine Arbeit ent­wickelt. Mit Glas­synthese oder Die Reise ans Meer, ein be­ein­drucken­des Ob­jekt, das Farbe in die neue Hegemag-Wohn­anlage am Breslauer Platz bringt, hat der 1962 in Darm­stadt Ge­borene zum ersten Mal eine frei­stehende Skulptur ge­schaffen.

„Das Interessante daran ist“, sagt der Künst­ler, „dass ich mit dieser Arbeit meinem Beruf als Maler treu ge­blieben bin.“ Denn die Ge­stal­tung von Glas sei ein völlig an­derer Pro­zess als die Arbeit an der Staffe­lei. Staudt hat sich in den frühen acht­ziger Jahren zum Kunst­glaser aus­bilden lassen und hat seit­dem zahl­reiche Fenster für Kirchen und an­dere Institu­tionen reali­siert.

Glasfenster verlangen nach einem bis ins letzte Detail aus­ge­klügeltem Ent­wurf, die Heran­gehens­weise ist viel plane­rischer, als es des Malen eines Bildes er­fordert. An riesigen Leucht­tischen und in großen Brenn­öfen der Taunus­steiner Firma Derix Glas­studios setzt der Darm­städter mit Hilfe ver­sierter Hand­werker und Künstler seine Werke um.

Wie bei allen seinen Bildern ist Staudt, der seit 1998 Mit­glied der Darm­städter Sezes­sion ist, auch bei der Reise ans Meer von Land­schaft aus­ge­gangen. Drei hinter­ein­ander ge­schich­tete Glas­scheiben, die in einem nach oben hin ge­öffne­ten Stahl­rahmen sitzen, zeigen Fels­klippen und eine un­ge­stüme See. Die „extrem abstrakte“ (Staudt) Land­schaft des 3,20 Meter hohen und 2,50 Meter breiten Objekts ist somit optisch be­geh­bar.

Bei der dreidimensional zu erfahrenden Land­schaft ver­mischen sich das Ultra­marin des Meeres und des Himmels mit dem dahinter­liegen­den Gelb zu einem – mal helleren, mal dunkleren – Grün. Wie auf Lein­wand sind auch in dieser Arbeit malerische Spuren wie kleine Erhebungen von dick auf­getrage­ner Farbe oder Pinsel­striche erkenn­bar.

Lebendig wirken die Scheiben auch durch ihr Material. In dem mund­ge­blasenen Glas sind hier und da Schlieren, Ein­schlüsse und Blasen zu ent­decken. An zwei Stellen gibt das markante Rot der chaotisch wirken­den Natur Halt. Dissonanz schaffen die reißend und schroff wirken­den Linien, die aus­sehen, als ob sie der Fläche mit einem fetten Graphit­stift zu­ge­setzt wurden. Das sparsame Grün lässt an Büsche und Be­waldung denken. Gelb hingegen steht für Lebens­energie und Wärme. Es kämpft sich bei Staudts Arbeit bis zur vor­deren Schicht durch und ver­mischt sich auf dem Weg dorthin mit anderen Tönen. Die wechseln­den Licht­verhält­nisse las­sen die Farben und Formen immer wieder neu er­scheinen.

Ein Text von Sibylle Maxheimer
(27.11.2002 Darmstädter Echo)